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“Twilight” 01
 

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Zwielicht, das war die beste Zeit, um ungesehen zu sein und die Zeit, in der Shan erwachte oder schlafen ging. Morgens ging er schlafen und abends erwachte er. Er war kein Tagmensch mehr, er mochte das Licht nicht, denn es schmerzte in seinen Augen. Seit gut zwei Monaten war er auf der Flucht und er war nicht so weit gekommen, wie er es vorgehabt hätte. Nicht mal aus diesem verdammten Bundesstaat hatte er es rausgeschafft. Immer, wenn er Aussichten hatte, daß er vorankam, kamen die Mechabots der staatlichen Mutantenpolizei und veranstalteten eine Jagd auf ihn und andere Mutanten. Seine Fähigkeit war wie bei den Meisten in der Pubertät gekommen, es passierte fast immer, wenn sich die Hormone umstellten. Bei ihm war es sehr unauffällig passiert, eigentlich hatte er noch Glück gehabt, weil er noch ein menschliches Aussehen hatte. Andere veränderten sich drastischer, obwohl es immer hieß, die Mutanten, die menschlich aussehen, seien die Schlimmsten, weil man sie nicht auf den ersten Blick erkannte. Nur brachte es ihm absolut nichts, die Cops wussten, wie er aussah und was er war, er stand auf der Fahndungsliste, weil sein eigener Vater ihn angezeigt hatte. Nur durch seine Mutter war ihm die Flucht gelungen, er hatte ein Ziel und das lag auf der anderen Seite der Erde in China. Durch die Kriege hatte sich viel geändert. China war ein sehr friedliches Land, das durch einen buddhistischen Präsidenten geführt wurde und alle lebten dort größtenteils nach dieser Religion, somit war jedes Lebewesen wertvoll. Und da wollte er hin, dort lebte seine Tante. Aber bis dahin war es weit und bis jetzt war er nicht sonderlich weit gekommen. Jetzt rührte er sich und rückte von dem Heißwasserrohr weg. Es war Winter und bitterkalt, und hier hatte er einen schönen und vor allem warmen Schlafplatz gefunden. Seine Decke rollte er zusammen und er schob sich ein wenig geklautes Essen in den Mund. Erst nach seinem kargen Frühstück wagte er sich aus seinem Versteck, er musste weiterkommen.

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Zur gleichen Zeit fluchte ein wenig weiter weg ein anderer Teenager leise vor sich hin, als er um eine Ecke bog, hochsprang und über eine Mauer setzte, während hinter ihm das laute Gebell von Hunden zu hören war. Zum Glück wurden sie langsam leiser, als Gwaight immer wieder Haken schlug, über Mauern kletterte und schließlich auch ein Stück unterirdisch durch die Kanalisation lief, um seine Verfolger entgültig abzuhängen. Natürlich hätte er sie auch mit seinem Feuer verbrennen können – doch er wußte, daß sie dann mit den Kampfrobotern gekommen wären und gegen die kam auch er mit seinen Kräften nicht an. Noch immer leise grummelnd, stieg der junge Schwarzhaarige wieder auf und warf die wild wirkenden, stufigen, saphirblauen Haarsträhnen nach hinten, als er vorsichtig den Gullideckel anhob und nachsah, ob die Luft rein war. Ein wenig weiter weg lagen ein paar Penner, doch sonst war nichts zu sehen – so leise wie es ging, schob Gwaight den Deckel weg, stieg raus und schob ihn wieder hin, ehe er sich auf den Weg in das nächste Kaufhaus machte, um dort einzubrechen und sich wieder mit neuen Sachen einzudecken.

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Die unverschlossene Tür blieb nicht unbemerkt. Eine schwarze Gestalt huschte in das Kaufhaus und nutzte die Chance. Er hielt sich im Dunkel verborgen, es waren sicher noch mehr Diebe von der Straße hier, die sich mal richtig sattessen wollten. Shan wollte sich etwas warme Kleidung stehlen und nutzte seine Gabe, um bis in die Teenagerabteilung zu kommen, wo er schöne, warme Pullover und Hosen fand. Er deckte sich mit je zwei ein, schnappte sich noch etwas Unterwäsche, zwei Mützen und eine Sonnebrille, und stopfte alles in einen Rucksack, den er aus der Campingabteilung geklaut hatte. Wo er schon mal da war, nahm er sich noch einen von den Schlafsäcken und war somit gut eingedeckt. Dann hörte er aber ein leises Wasserrauschen und duckte sich in einen Schatten. Das hörte sich an, als dusche da Jemand. Vorsichtig schlich er näher zu der Tür mit der Aufschrift 'Personal', öffnete sie etwas weiter und zuckte, als die Tür knarrte.

Und noch im gleichen Moment brannte sich eine Feuerlanze in die Tür neben dem Kopf des Eindringlings und ein tiefes Knurren erklang. "Verdammt, schleich dich nicht so an, ich hätte dich beinahe gegrillt ! Wenn du duschen willst, komm rein, ansonsten wart draußen, ist doch hier kein Stripclub !" Gwaight hatte sich aus reiner Gewohnheit gewehrt und erst danach gemerkt, daß dieser Eindringling ein wenig durch Dunkelheit verhüllt war. Ein eindeutiges Zeichen – es zeigte, daß auch dieser Teenager ein Mutant war und somit kein Feind, sondern ein Freund.

Shan war vor Schreck wieder hell geworden und keuchte einen Moment schwer. Dann schluckte er trocken und betrat langsam den Raum mit der Dusche. Das Wasser dampfte heiß und verlockend und Shan überlegte nicht lange. Auch wenn es hier heller war, als er es gern hatte, aber eine Dusche hatte er seit seiner Flucht nicht mehr gehabt. "Ich wollte nicht spannen." stellte er klar, legte seine Beute auf die Seite und zog sich eilig aus, um unter die andere Dusche zu steigen. Erst da wurde ihm aber klar, daß er gar kein Duschzeug hatte, geschweige denn ein Handtuch. "Mist." fluchte er leise und man hörte danach weitere, leise, japanische Flüche.

Nun doch ein wenig verwundert, hob Gwaight eine Braue – doch dann lachte er dunkel auf und nahm das Duschgel von der Seite, ließ es über den schlankeren Körper des Japaners fließen und stellte es wieder zurück, um nun seinen eigenen Körper weiterzuwaschen. Er dachte sich nichts dabei, mit dem Anderen unter der Gemeinschaftsdusche zu stehen – so etwas wie Schamgefühl hatte er sich schon lange abgewohnt und wenn der Andere keine Probleme damit hatte, wieso nicht. "Bedien dich einfach, Kleiner – ist genug Zeug für uns Beide da."

"Danke." murmelte Shan und wusch sich zügig und ordentlich. Seine langen Haare sparte er nicht aus. Er selber machte sich auch nichts aus der Situation, er war größtenteils in Japan aufgewachsen und da badete man auch gemeinsam. Und hier in Amerika hatte er immer mit seinen Brüdern und Vater gebadet. Er war jedoch schnell fertig, schlüpfte wieder aus der Dusche und schnaufte erleichtert, weil der Andere mehr als genug Handtücher hatte mitgehen lassen. Somit hüllte er sich in eines ein und trocknete sich ab. Er wollte aus dem Licht raus und beeilte sich daher so sehr, seine Augen tränten langsam ein wenig.

Auch Gwaight wurde fertig und kam aus der Dusche, um sich abzutrocknen ... dabei fiel ihm auf, daß der Schatten um den Anderen tiefer wurde und betrachtete ihn ein wenig, während er sich wieder anzog. "Verträgst du kein Licht ? Du bist immer so im Dunkeln und blinzelst sofort, wenn du ins Helle kommst, Kleiner. Schon was gegessen ?" Auch wenn der junge Feuerformer eher ein Einzelgänger war, so war es doch auch schon lange her, daß er mit einem anderen Mutanten gesprochen hatte ... und so wollte er zumindest ein wenig die Zeit nutzen, ehe ihre Wege sich wieder trennen würden, und sprach den Anderen an.

"Ich hab empfindliche Augen bei Licht, im Dunkeln kann ich besser sehen." erklärte Shan und zog sich rasch an. Er rupfte die Preisschilder von den warmen Hosen und dem Rest, den er hatte mitgehen lassen, und zog die Sachen gleich an. Seine alte Kleidung stopfte er in einen Mülleimer bei der Seite, die Sachen stanken und waren zerrissen. "Und ich hatte am frühen Abend ein paar Bissen, ich wollte noch zu den Lebensmitteln."

"Dann komm gleich mit – ich geh nämlich auch dorthin, ich schiebe mächtig Kohldampf. Licht, Hm ? Das dachte ich mir schon, du formst Dunkelheit, oder ? Es wabert immer sonen Schleier um dich rum." Während er sprach, zog Gwaight sich an und nickte kurz – auch er hatte sich etwas Wärmeres geholt, aber er war völlig in Schwarz und das Meiste, das er trug, war aus Leder. Und dazu hatte er sich nicht nehmen lassen, auch einen schicken, schwarzen Pelzmantel mitgehen zu lassen, der ihm ausgezeichnet stand und nun lässig über seinen breiten Schultern lag, während er den Rucksack aufnahm, in dem seine eigenen Sachen steckten. "Zum Glück haben die in den Personalquartieren hinten Microwellen und Heißluftöfen für die Backwaren – da können wir uns ein wenig was zu Beißen warm machen. Sag mal – hast du noch die Jäger mit ihren Hunden gesehen ? Oder sind die endlich weg, damit ich abhauen kann ?"

An einen Mantel hatte Shan nicht gedacht, er würde sich nachher noch einen mitnehmen. "Ich habe keine Jäger mit Hunden gesehen." Mehr sagte er nicht, er packte seinen Rucksack und verließ endlich den helleren Raum, um dann ganz im Dunkel zu verschwinden. Er war noch da, aber man sah ihn nicht. "Warmes Essen klingt gut." wisperte er nur und sein Magen knurrte leise.

"Hey, zeig dich wenigstens noch ein Bißchen, ne Hand oder so – ist ja gespenstisch, wenn man nur mit ner Stimme und nem Magenknurren redet." Leise grummelnd, klemmte sich Gwaight den Rucksack unter den Arm, ehe er den Weg in die Essensabteilung des Kaufhauses einschlug. Als sie dabei durch die Waffenabteilung kamen, pfiff er kurz durch die kräftigen Zähne und lachte leise – dann steckte er sich einige Bowie- und Jagdmesser ein, nahm sich eine Pistole, eine Winchester und ein Schrotgewehr, ehe er einige Packen passende Munition raussuchte und auch diese in seinen Rucksack packte. Die Gewehre befestigte er mit einigen Klettgurten an der Seite und nahm seinen Rucksack wieder auf, ehe er sich umsah und leise seufzte. "Noch da ? Oder sprech ich mit der Luft ?"

"Ja, ich bin noch da." murmelte Shan und zeigte sich ein wenig. Er selber hatte sich mit Wurfdolchen ausgestattet und auch ein Katanschwert aus einer der Vitrinen genommen. Es steckte in seinem Rucksack, dort konnte er gut rankommen und es ziehen, sollte er es brauchen.

Das war etwas, das Gwaight ein wenig verwunderte, doch er zuckte nur kurz mit den Schultern und grinste. "Okay – dann komm, gehen wir was essen. Ich bin übrigens Gwaight – auch wenn mich alle nur Gambit nennen. Und wie heißt du, Kleiner ?" Auch wenn der Andere nicht viel jünger als er selbst mit seinen 15 Jahren war, so nannte ihn Gwaight so, da er größer und auch breiter als dieser Asiate war. Ein wenig seltsam war es schon für ihn, daß der Andere sich das Schwert mitnahm – doch dann dachte er nicht mehr daran, denn es war ja auch schließlich normal für ihn als Ghettokind, daß er schon mit Schußwaffen umgehen konnte.

"Shan Li ist mein Name." erwiderte der Kleinere nur knapp und ging jetzt neben Gwaight her. Als sie an den Mänteln vorbeikamen, stoppte er kurz und griff sich einen warmen Mantel aus Mikrofasergewebe. Es hielt den Regen ab und war innen mollig warm. Auch er entschied sich für Schwarz und klemmte ihn sich nur eben unter den Arm. "Du lebst schon länger auf der Straße, oder ?"

Dies ließ den Größeren schmunzeln und er nickte, ehe er sich einen Einkaufswagen schnappte, seinen Rucksack unten in die Ablage packte und den Wagen dann in die Richtung der Regale schob. "Jep – schon mein ganzes Leben, ich wuchs im Ghetto auf. Vor einigen Monaten hab ich dann gemerkt, daß ich nen Mutie bin und seither jagen mich diese Arschlöcher durch die Städte. Ist jetzt schon die dritte Stadt, durch die ich komm ... aber ich kenn mich aufm Land einfach nicht gut genug aus, um zu überleben, also bleib ich erstmal hier, solang ich nicht weiß, wo ich hinmuß. Was ist mit dir ? Du bist anders ... eher nen Vorstadtkind, Hm ?"

Auch Shan nahm sich einen Wagen lächelte schief. "Villenviertel." Mehr brauchte er nicht zu sagen, Gambit machte sich da sicher sein eigenes Bild. "Und ich weiß, wo ich hinmuss." Auf die andere Seite der Welt. Er seufzte innerlich, da er nicht wusste, wie er es schaffen sollte, wenn er nicht einmal aus dem Bundesstaat rauskam. Als sie im Gang mit den Tütenessen waren, schlug er gleich zu und packte sich Suppen und einiges Anderes ein. Es nahm nicht viel Platz weg und heißes Wasser bekam man immer irgendwo, um ne Suppe heiß zu machen.

"Gute Idee, Kleiner ... wollte ich auch machen. Schmeckt zwar nicht überragend, aber ist leichter als Dosen. Auch wenn ich mir ein paar Dosen mit Fleisch mitnehmen werde." Während er sprach, packte auch Gambit sich ausreichend Tütensuppen ein, warf auch noch ein paar Brühwürfelpäckchen dazu und überlegte einen Moment, ehe er noch ein paar Packen Nudeln und Reis in den Wagen legte. Erst dann ging er zu dem Dosenfleisch und suchte sich dort einige Dosen heraus, legte sie in den Einkaufswagen und kehrte zu dem Asiaten zurück, um ihn zu beobachten. "Was ist eigentlich der Name, mit dem du angesprochen wirst ? Shan oder Li ? Und Villenviertel ... Autsch. Kanns mir schon denken ... meine Hochachtung, daß dus unbeschadet bis hierher geschafft hast, das is ne Leistung für einen ausm Villenviertel."

"Danke, ich kann mich durchbeißen ... und nenn mich Shan, Li ist mein Nachname." Shan packte sich auch noch Reis ein und schob den Wagen dann weiter zu den geräucherten Würsten. "Ich bin aber nicht so weit gekommen, wie ich wollte und ich weiß noch immer nicht, wie ich unbemerkt nach China kommen soll." Das ärgerte ihn immer noch am Meisten, er war doch nicht dumm, irgendwie musste er doch nach China kommen.

Gwaight hatte zwar viel erwartet, doch auf keinen Fall so etwas. Er blieb mit offenem Mund stehen und blickte auf den schlankeren Asiaten – dann lachte er auf und hielt sich wiehernd die Seiten, bis er sich nach einigen Minuten endlich wieder beruhigt hatte. "Also sonst gehts dir schon noch gut, oder ? China ? Das ist doch übern Teich auf der anderen Seite der Welt ... und dein Ernst, oder ? Hui, na dann viel Spaß, die Passagierschiffe und Flüge sind besser überwacht von den Mutie-Jägern als Fort Knox." Bei dem Letzterern wurde der junge Schläger allerdings wieder ernst, da er zwar nicht viel, aber das sehr genau wußte.

Genau mit so einem Lachen hatte Shan gerechnet und er schnaubte etwas eingeschnappt. "Das weiß ich selber. Aber ich will trotzdem hin. Meine Tante lebt dort und durch den Buddhismus ist man als Mutant weg von der Roten Liste. Aber das wissen kaum welche, sonst würden sämtliche Mutanten nach China wollen." Während er sprach, öffnete er einen Trinkjogurt und trank ihn hungrig, als seine Worte beendet waren.

"Ist das dein Ernst ? Verdammt, das ..." Gwaight hörte zum ersten Mal davon, aber wenn das stimmte, dann war es verständlich, daß Niemand hier davon wußte. "Hey, Kleiner – wenn ich weiß, wie wir über den Teich kommen, nimmst du mich dann mit zu deiner Tante ? Ich hab keine Lust, mich hier fangen und einsperren zu lassen ... und die in Europa sind ja auch so, auch wenn sie nicht ganz so fanatisch sind wie unsere verblödeten Politiker."

"Ja, ist wahr. Mein Vater ist sogar von Japan hierher gezogen, weil China ihm zu dicht dran war." murmelte Shan und blickte zu dem Größeren. "Du würdest mir helfen, wenn ich dich mitnehme ? Okay." Es passte ihm nicht ganz, aber es war besser, als sich allein durchzuschlagen, nur was hielt Gwaight davon ab, ihn einfach im Stich zu lassen ? Er wusste ja jetzt von China. "Wenn du mich hängen, lässt töte ich dich !"

Der hatte die Gedankengänge des Schlankeren nur zu deutlich von dessem Gesicht ablesen können und seufzte, tickte mit den Fingerknöcheln gegen dessen Stirn und zog dabei die Brauen tiefer in die nun leicht zu brennen beginnenden Augen. "Hör gut zu – ich bin nicht so blöd, wie ich aussehe, kapiert ?! Ich kann kein Wort Chinesisch – und ich glaube nicht, daß sie jeden Ausländer mit offenen Armen empfangen ! Ich bin zwar ein Schläger und ich stehle, aber ich hab Ehre im Leib und lasse keinen anderen Mutie im Stich – verstanden ?!"

"Verstanden." Der Kleinere merkte schnell, daß dieses Feuer in den Augen nichts Gutes hieß. "Ich bin nur etwas misstrauisch, seit mein Vater mich gemeldet hat. Ich stehe auf der Liste, mit Foto und allem." Man sah ihm an, wie sehr es ihn ärgerte. Die hatten alles, Foto, genetische Proben, alles was sie brauchten. "Ich bin gefährlich für andere Mutanten."

"Shit ... dein Alter ? Und dann noch mit allen Daten ? Mann, du bist verratzt. Aber das kriegen wir schon hin, ich kenn die Tricks der Jäger. Und wenn sie mit den schweren Geschützen kommen, dann brenn ich ihnen ein wenig was vor den Bug. Okay, Shan – dann decken wir uns gut ein und zischen ab Richtung Küste, wir brauchen unbedingt ein Schiff." Mit den Worten schlug Gwaight dem Schlankeren auf die Schulter, drückte sie kurz und zog ihn an sich, ehe er ihn wieder losließ, leise vor sich hinpfiff und sich zwei große Hartwürste schnappte.

Shan blieb verblüfft stehen und kuckte Gwaight nur an. Für ihn war es ungewohnt, daß ihm Jemand half, selbst andere Mutanten hatten ihn gescheut, gerade weil er gemeldet war. "Danke ... und welche Kräfte hast du eigentlich ? Das da bei der Tür, was war das ?" Er kam nach und packte sich auch noch ein paar Hartwürste ein. "Was ich kann, weißt du ja jetzt schon." Was der Größere konnte, machte ihn schon neugierig, es musste aber was mit Feuer zu tun haben, zum Einem hatte er ein Loch in die Tür gebrannt und dann war da dieses Glimmen in den Augen gewesen.

"Ich ? Tja ... ich war schon immer ein feuriger Junge, aber jetzt kann ichs richtig ausleben." Noch während er sprach, ließ Gambit einen kleinen Ball aus blauem Feuer in seiner Rechten erwachen und grinste – dann schleuderte er ihn an die Wand eines Kühlregals und lachte, als das Feuer glatt durchging und zischend in dem Kühleis erlosch. "Weißt du – ich kann mich gut gegen die Ärsche wehren. Hab andere Muties gesehen, die hatten viel mehr Probleme, weil sie schwächere Fähigkeiten hatten, die sich nicht gut als Waffe eignen. Denke, du hast dich schon gewundert, wieso ich nicht gleich das Weite suchte, als du gesagt hast, daß du gespeichert bist, Hm ?"

"Ja, habe ich." Shan starrte noch immer auf das Loch in der Wand, als er antwortete, dann wendete er den Blick zu dem Größeren. "Und ich kann mich nur verstecken, Nachts sehen und teils auch Infrarot sehen. Aber das Letzte ist noch nicht ausgereift und wenn mich wer anleuchtet, dann bin ich total geblendet, also mache ich das Infrarotsehen lieber nicht." Er hatte schon zweimal ne Taschenlampe voll abbekommen und das war sehr unschön gewesen.

Bei der Antwort hob Gwaight eine Braue, doch dann schüttelte er nur grinsend den Kopf und legte den Arm um den Schlankeren. "Ehrlich ? Du hast noch viel mehr drauf ... wenn du ein wenig übst, dann kannst du ne ganze Menge mit deiner Dunkelheit anfangen, glaub mir. Ich hätte auch nie gedacht, was man alles mit Feuer anstellen kann, bis ichs ausprobiert hab. Und keine Sorge – ich hab als Erstes die Überwachungsanlage hier gegrillt, die nimmt nichts mehr auf."

"Ich probiere im Moment nichts aus, ich will erstmal nur was essen. Und daß die Anlage aus ist, habe ich schon bemerkt, die Kameras haben nicht mehr geblinkt." Er war recht froh darüber, obwohl er selbst mit Kameras ungesehen hätte agieren können. Er stockte jedoch und lauschte, Hundegebell war zu hören und schwere Schritte von den Mechabots. "Wir müssen weg."

"Shit ! Fuck ! Diese mistigen Biester !" Noch während er fluchte, warf Gambit einfach alles aus dem Einkaufswagen in seinen Rucksack, ehe er ihn zumachte, über den Rücken warf und sich einfach den anderen, jungen Mutanten packte, um ihn mit sich mit- und nach draußen zu zerren. "Ich dachte, ich hätte sie abgehängt – oder wir sind verpfiffen worden, die Landstreicher tun alles für einen Schuß 'Blauer Himmel' !" Kaum waren sie durch einen der Hinterausgänge raus, hörte Gambit, wie die Mechabots in das Kaufhaus brachen und die Laser durch die Hallen fetzten.

Mit Mühe hielt Shan mit, seine Sachen hatte er nicht ganz packen können, einzig ein paar Dinge hatte er in seinen Rucksack werfen können und ihn gegriffen, und schon war er mitgezogen worden. Bei den Lasergeräuschen zuckte er heftig zusammen und innerhalb weniger Augenblicke färbte sich seine Haut schwarz und ein Schatten umgab ihn und teilweise auch Gwaight. "Geh dort in die Nische, ich tarne uns."

Der Größere nickte nur und lief in die Nische – dort angekommen, wartete er nur, bis der Andere sie Beide mit Schatten umhüllt und so getarnt hatte, ehe er sich konzentrierte und ein leises "Bleib hinter mir !" wisperte. Dann erwachte blauweißes Feuer in seinen Händen und innerhalb von Sekundenbruchteilen heizte sich die Luft um sie Beide auf, als Gwaight das Feuer heißer werden ließ und auch seine Augen zu flammen begannen. Dann verwob er das Feuer zu einem einzigen, komprimierten Ball und schleuderte ihn mit einem tiefen Aufschrei in die Richtung des Kaufhauses, drehte sich sofort um und packte Shan, um ihn mit seinem Körper zu schützen, als der inzwischen auf Hausgröße angeschwollene Feuerball auftraf, explodierte und nicht nur das Kaufhaus, sondern auch die Mechabots in die blauweißen Lohen einhüllte. Erst, als einige Herzschläge vergangen waren, löste sich Gwaight wieder, schnappte seinen Rucksack und zerrte Shan zu einem Gullideckel, den er beiseitehob. "Komm – so können wir die Hunde abhängen !"

Wie mechanisch folgte Shan dem Größeren hinab. Gwaight hatte ihn beschützt und das war etwas, das ihm noch nie passiert war, außer bei seiner Mutter. Aber der Andere war ein Wildfremder. Erst unten in der Kanalisation kam der Kleinere zu sich und wisperte ein leises "Danke, und jetzt bin ich dran." Er nahm Gwaights Hand und führte ihn durch das Dunkel. So wurden sie nicht bemerkt und Shan führte sie Beide zügig und sicher in Richtung Stadtgrenze.

Es war dem jungen Feuerformer zwar ein wenig unangenehm, doch in dieser Hinsicht verließ er sich einfach einmal auf den Anderen. Shan konnte ja im Dunkel sehen, es war dessen Element ... und auf diese Weise kamen sie nicht nur schnell voran, sondern liefen auch nicht so sehr Gefahr, entdeckt zu werden. Erst nach einer Weile blieb Gwaight stehen und zog den Schlankeren enger an sich, nickte, als er dessen Körper an sich fühlen konnte und wisperte leise zu ihm. "Mal ne Frage – wohin gehen wir eigentlich ? Am Besten wäre, wenn wir aus der Stadt rauskommen, in den Wäldern sind wir sicherer ..."

Das Gwaight ihn so an sich zog, war für Shan etwas seltsam, aber er fühlte, wie der Größere sich beruhigte und wusste es jetzt. "Ich führe uns an den Stadtrand. Ich glaube, da müssten wir rauskommen. Und du kannst mir vertrauen, ich führe dich ganz sicher." Ihm war klar, wie unheimlich es für den Anderen sein musste, es war stockduster und nur zwischendurch strahlte Licht von oben durch die Gullis und Gitter. Shan fühle sich kühl an, er hatte den Mantel nicht mehr greifen können und trug jetzt nur den Pullover, die Hose und die festen Winterstiefel.

"Shit – wo ist dein Mantel ?" Gerade eben bemerkte auch Gwaight das leichte Zittern des Anderen und fluchte leise ... dann löste er sich kurz und wisperte ein "Mach die Augen zu !", wartete einen Moment und ließ dann in seiner Linken eine winzige, blauweiße Flamme erwachen, die leicht in die Höhe schwebte und dort verhielt. In dem schwachen Licht suchte der Größere in seinem Rucksack und nickte, als er seine Lederjacke rauszog, sie dem Schlankeren über die Schultern legte und den Rucksack wieder verschloß, um ihn wieder auf seinen Rücken zu schwingen. Um seinen Pelzmantel machte er sich eigentlich keine Sorgen ... auch wenn der Saum naß war, es würde mit ein wenig Feuer schnell wieder trocknen und sie mußten weiter, so daß er Shan seine Jacke gegegeben hatte.

"Danke ... ich hab den Mantel nicht mehr greifen können." Gwaight hatte ihn so schnell mitgezogen, daß er gerade noch seinen Rucksack hatte mitnehmen können, sein Mantel hing noch über dem Einkaufwagen und war sicher nur noch Asche. "Also weiter." wispernd, löste er sich und griff wieder die Hand des Größeren, um ihn wieder durch das Dunkel zu führen. "Weit kann es nicht mehr sein."

Ein leises "Hoffentlich." wispernd, vertraute sich der junge Feuerformer ein weiteres Mal der Führung des schlanken Asiaten an. Auch er wußte, daß es eigentlich nicht mehr weit sein konnte – zu ihrem Glück waren dies keine Abwasserkanäle, sondern die Tunnel, in denen bei Hochwasser der Fluß kontrolliert werden konnte. Dadurch mußten sie nicht durch den ganzen Dreck der Großstadt über ihnen waten, sondern konnten relativ trocken und schnell weiterkommen, ein Glücksfall, für den Gwaight immer wieder dankbar war.

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